CSD 2024 - Neuigkeiten - Pressemitteilungen

„Wir wählen Vielfalt!“ – Schwerpunkt und Motto 2024

24. Januar 2024

Lesedauer: ca. 3 Minuten
Demo-Schild mit der Aufschrift "CSD statt AFD"

Es gibt Grund zur Sorge. Eine aktuelle Studie1 des Else-Frenkel-Brunswik-Instituts der Uni Leipzig zeigt, dass antidemokratische Kräfte in Ostdeutschland Hochkonjunktur haben. Ein Drittel der Befragten wünscht sich einen Führer und meint, dass eine Diktatur die bessere Staatsform sei. Zwei Drittel sehnen sich nach autoritären Strukturen wie in der ehemaligen DDR. Gleichzeitig beobachten wir, 55 Jahre nach Stonewall2, zunehmende  Aggressivität und Gewalt gegenüber queeren3 Menschen. Immer öfter hören wir, dass Menschen sich nicht zu CSD und Pride Events trauen, weil sie Angst haben, beleidigt, geschlagen oder getreten zu werden.

Die Gesellschaft ist im Umbruch. Klimakrise, Pandemie, Krieg in Europa und viele weitere Themen verunsichern und treiben Menschen in die Arme von Populist:innen und Rechtsextremist:innen. Deren Ziel ist es, die Uhr zurückzudrehen. Mit vermeintlich einfachen Lösungen zurück in eine Zeit, als die Welt für sie noch „in Ordnung“ war.

Gerade für queere Menschen ist das ein Alptraum. Denn früher war es für uns nicht besser. Im Gegenteil. Wir hatten es noch schwerer als heute. Besonders in Zeiten von Diktaturen. Wir wurden diskriminiert und verfolgt. Zum Beispiel wurde erst 1994 die Strafbarkeit homosexueller Handlungen unter Männern in ganz Deutschland vollständig abgeschafft.4 Eine Streichung war zwar bereits Anfang der 1930er Jahre durch ein Bündnis um Magnus Hirschfeld initiiert, wurde jedoch nach der Machtergreifung der Nazis sofort gestoppt und der Paragraf sogar noch verschärft. Bis 2017 dauerte es, dass nach diesem Paragrafen verurteilte Menschen eine staatliche Entschädigung erhalten.

Ein weiteres Beispiel ist das 1981 in Kraft getretene „Transsexuellengesetz“. Bis dahin waren trans* Menschen in Deutschland überhaupt nicht gesetzlich anerkannt. Dies war ein Anfang, doch auch dieses Gesetz zementierte über Jahrzehnte einen diskriminierenden Status quo. Momentan befinden wir uns endlich auf dem Weg zu einem Selbstbestimmungsgesetz, was jedoch konservativen und rechtspopulistischen Kräften ebenfalls ein Dorn im Auge ist.

In diesem Jahr stehen Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg sowie die Wahl zum Europäischen Parlament an. Umfragen zeigen in Sachsen, dass knapp ein Drittel der Menschen eine Partei wählen möchte, die vom Verfassungsschutz mehrerer Bundesländer, seit kurzem auch hier in Sachsen5, als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft wird. Uns besorgt dies zutiefst. Wir sehen wo die Reise hingeht, wenn Parteien mit rechtem Gedankengut mehr Macht erhalten. Hetzen gegen Drag Queens, die Kinderbücher vorlesen, oder gegen einen  vermeintlichen „Gender-Zwang“ sind erst der Anfang. Besonders bedroht sind queere BIPoC6, die nicht nur wegen ihrer queeren Identität, sondern auch wegen z.B. ihres Äußeren oder ihrer Herkunft im Fokus solcher Parteien stehen. Wir müssen jetzt aktiv werden, sonst stehen uns düstere Zeiten bevor.

Im letzten Jahr haben wir als Leipziger CSD-Bewegung eine queere Zukunft beschrieben. Wenn wir diese erreichen und bewahren wollen  müssen wir jetzt laut und sichtbar bleiben. Wir müssen uns für Vielfalt und für die Demokratie einsetzen und wir müssen viele sein. Schließt euch uns an!

Kommt am 17. August 2024 zur großen CSD Demonstration und dem anschließenden Straßenfest auf den Leipziger Augustusplatz und besucht die Veranstaltungen der CSD Programmwoche.

Wir werden nicht schweigen. Wir wählen Vielfalt!

1 EFBI Policy Paper 2023-2: „Autoritäre Dynamiken und die Unzufriedenheit mit der Demokratie“ (https://efbi.de/details/efbi-policy-paper-2023-2-autoritaere-dynamiken-und-die-unzufriedenheit-mit-der-demokratie.html).

2 Am 28. Juni 1969 kam es in der Christopher Street in New York vor dem Lokal Stonewall Inn zu Aufständen queerer Menschen gegen Polizeiwillkür. (https://csd-leipzig.de/2023/06/jahrestag-der-stonewall-aufstaende/)

3 Der Begriff ‚queer‘ vereint alle Menschen, die nicht in die romantische, sexuelle und/oder geschlechtliche Norm der Gesellschaft passen.

4 Seit 1969 wurde § 175 Strafgesetzbuch in der BRD mehrfach abgemildert bis er zuletzt ab 1978 nur noch für homosexuelle Handlungen zwischen Männern über 18 Jahren mit Männern unter 18 Jahren galt; in der DDR wurde der Paragraf bereits 1968 aufgehoben.

5 Landesamt für Verfassungsschutz Sachen am 08. Dezember 2023: „Sächsischer AfD-Landesverband als gesichert rechtsextremistische Bestrebung eingestuft“ (https://www.medienservice.sachsen.de/medien/news/1071656).

6 Die Abkürzung ‚B(I)PoC‘ ist ein Begriff, der sich auf Schwarze, Indigene und People of Color bezieht. Mit dem Begriff sollen explizit Schwarze und indigene Identitäten sichtbar gemacht werden, um Antischwarzem Rassismus und der Unsichtbarkeit indigener Gemeinschaften entgegenzuwirken. Der Begriff soll die spezifische Gewalt, kulturelle Auslöschung und Diskriminierung hervorheben, die Schwarze und indigene Menschen erfahren. Außerdem versucht er die oben genannten Communities zu vereinen. Trotzdem soll die Tatsache unterstrichen werden, dass nicht alle People of Color die gleichen Erfahrungen machen, insbesondere wenn es um systemische Unterdrückung geht.

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